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Schwerelos

Ich liege im Wasser. Mein Körper schwimmt federleicht auf der Oberfläche. Das Wasser bedeckt meine Ohren, meine Muskeln sind entspannt. Ich lasse mich treiben. Ich höre nichts als die mystischen Geräusche des weiten Meeres. Ich nehme jede Bewegung wahr, spüre jede Welle und jeden Tropfen auf meiner Haut. Das Wasser ist warm. Ich fühle mich sicher, geborgen. Die Ruhe übermannt mich. Ich fühle mich, als sei ich in einer anderen Welt. Weit weg von der Realität, weit weg von Zeit und Raum. Ich nehme mich wahr, spüre mein Herz pulsieren. Meine Gedanken werden ruhig. Mein Körper fließt mit den Wellen, passt sich an den Rhythmus des Meeres an. In mir flackert ein Gefühl auf, eines, das schon lange nicht mehr an die Oberfläche kam. Es zieht sich durch meine Beine, meinen Rücken, meine Arme. Bis es schließlich meinen Geist erreicht: Ich bin schwerelos.

Ich schließe meine Augen, um das Gefühl zu intensivieren. Dieses Gefühl von Freiheit, von Magie. Die Uhr bleibt stehen. Die Welt hört für einen kurzen Moment auf, sich zu drehen. Dieses Gefühl. So vertraut und doch so fremd. Machtvoll reißt es mich in seinen Bann. Ich fühle mich stark, mutig – als könnte ich alles schaffen. Jede Welle nimmt etwas von meinen Sorgen und tauscht sie durch Leichtigkeit aus. Ich bin frei.

Jemand kitzelt an meinem Fuß. Ich tauche auf, grabe meine Zehen in den Sand und blinzle Salzwasser aus meinen Wimpern. Die Welt beginnt sich wieder zu drehen. Geräusche durchdringen die Stille. Der Wind zaubert mir eine Gänsehaut. Ich bin wieder im Hier und Jetzt. In der Realität. Doch um mich herum glitzert ein Nebel aus neuer Kraft, Motivation und Ideen. Ich lächle in die Welt. Ich bin glücklich.

Das Leben kann manchmal hektisch sein. Es zerrt an unseren Nerven und bringt uns um den Verstand. Wir machen Fehler, werden verletzt. Wir stressen uns, versuchen uns an Idealen entlangzuhangeln und nehmen gleichzeitig immer Rücksicht auf andere. Wir setzen uns unter Druck und wollen immer eins oben drauf setzen, die Kirsche auf der Sahne sein. Eine unendliche Last drückt auf unsere Brust.

Ich wünsche mir mehr Schwerelosigkeit. In all den Auf und Abs im Leben brauchen wir diese federleichten Augenblicke. Die, die uns schweben lassen und unser Herz beflügeln. In denen wir alles loslassen. In denen die Welt verstummt. Alle Ängste verfliegen und unser Herzschlag das einzige ist, was einem Rhythmus folgt. Momente, in denen wir vergessen, wer wir sein müssen. Ja, vielleicht sogar vergessen, wer wir sind. In denen nichts zählt außer das tiefe Gefühl von Glück.

Sich schwerelos zu fühlen bedarf es weder narkotischer Substanzen, noch viel weniger Drogen. Das Leben trägt dich von selbst und läßt dich, wenn du es zuläßt, auch schweben. ~ A. Radinger

Ich schließe meine Augen. Ich erinnere mich an das Rauschen des Meeres. An die Weite. An das Salz, das in meinen Haaren klebt. Und ich tauche ab. Meine Gedanken kehren zurück zu dem Moment, an dem mein Körper im Wasser trieb. Ich spüre die Wellen und suche nach dem Gefühl. Ich weiß, es ist da. Ich habe es gespeichert. Immer bereit wiederzukehren, wenn ich die Realität für einen Moment verlassen muss. Ich muss es nur fest genug wollen. Dann wird es mich durchfluten. Das Gefühl von Schwerelosigkeit.

Janina

5 Antworten auf „Schwerelos Hinterlasse einen Kommentar

  1. Hallo, ich wollte dir nur kurz dalassen, wie schön ich das geschrieben finde. Habe es eben gelesen und war mit dabei – einen Moment in der Schwerelosigkeit. Es sind doch die kleinen Dinge, die uns Glück bringen wenn wir sie bewusst wahrnehmen…
    Liebe Grüße Elli 😉

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  2. Hi Janina, sehr schöner Artikel. Du kannst super gut Geschichten ins geschriebene Wort verfassen. Deine Geschichte am Anfang hat mich wirklich mitgerissen 🙂
    Weiter so!
    Liebe Grüße
    Stefan

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  3. Wie immer ein wunderbarer Artikel, meine Liebe! 💗 Genau das habe ich in meinem Urlaub auch gemacht… mich treiben lassen, losgelöst und schwerelos. Danke, dass du deine schönen Gedanken mit uns teilst! 🙂
    Viele liebe Grüße aus dem Norden,
    Christin 😘

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